Der Geruch eines Produktes beeinflusst unsere Wahrnehmung davon. Es ist daher nicht überraschend, dass Duftstoffe ein fixer Bestandteil in über 25 Produktkategorien sind – von Kosmetika wie Parfums, Cremes oder Deodorants bis hin zu Haushaltsprodukten wie Wasch- oder Reinigungsmitteln. Der weltweite Markt für Duftstoffe beläuft sich auf über acht Milliarden US-Dollar.
Die allermeisten der rund 3’000 existierenden Duftstoffe werden aber nicht nachhaltig produziert. Sie beruhen auf fossilen Rohstoffen und erfordern meist energieintensive Verfahren zur Herstellung. In einigen Fällen kommen auch Inhaltsstoffe zum Einsatz, die aus seltenen Pflanzen oder gefährdeten Tieren gewonnen werden.
Geht es nach Freideriki Michailidou soll sich dies bald ändern. Die Griechin forscht und lehrt am Laboratorium für Toxikologie von ETH-Professorin Shana Sturla und war bis vor kurzem Stipendiatin am Collegium Helveticum. Mittels modernster biochemischer Techniken will sie neue und vor allem nachhaltige Duftstoffe aus natürlichen und wiederverwertbaren Rohstoffen gewinnen.
Dabei kombiniert die 31-Jährige ihre Leidenschaft für Parfums, die sie in ihrer Freizeit selbst aus ätherischen Ölen herstellt, mit ihrem wissenschaftlichen Interesse für grüne Chemie: «Ich kann und will mir ein Leben ohne Parfums nicht vorstellen. Doch sie sollten in Zukunft umweltschonend produziert werden.»
Frühe Begeisterung für die Naturwissenschaft
Freideriki Michailidou, von Freunden auch Frida genannt, wächst in der nordgriechischen Stadt Ioannina auf. Bereits als neunjährige begeistert sie sich für naturwissenschaftliche Themen, spielt daheim mit dem Chemiekasten und lässt sich kaum eine Ausgabe der Zeitschrift «National Geographic» entgehen. Ihre Mutter ist Lehrerin und bestärkt sie, ihren wissenschaftlichen Interessen zu folgen. «Für mich war früh klar, dass ich Chemikerin oder Biologin werden will.»
Michailidou studiert schliesslich Chemie in Thessaloniki, Lyon und im schottischen St. Andrews, wo sie sich im Rahmen ihrer Dissertation mit der Biokatalyse beschäftigt. Dabei handelt es sich um ein neues Verfahren, bei dem Enzyme und lebende Mikroorganismen als natürliche Beschleuniger für chemische Reaktionen eingesetzt werden. «In der Natur ermöglichen Enzyme zahlreiche chemische Reaktionen. Diese Eigenschaft machen wir uns auch im Labor zu Nutze», erklärt die ETH-Forscherin.
Die Biokatalyse ist damals in aller Munde, da Frances Arnold, George Smith und Gregory Winter 2018 den Nobelpreis in Chemie für die gerichtete Evolution von Enzymen erhalten. Viele hegen bis heute die Hoffnung, dass die chemische Industrie damit grüner werden könnte. So auch Michailidou, die nach einer kurzen Anstellung in der Industrie und einem Postdoc in Münster 2019 über ein Marie-Curie-Stipendium an die ETH Zürich kommt. Schon damals ist ihr Ziel, mittels Biokatalyse nachhaltige und neue Duftstoffe zu produzieren.
Düfte aus seltenen Blumen
Um das Repertoire an Duftstoffen zu erweitern, nimmt die Chemikerin einen beschwerlichen Weg auf sich. Denn sie entschliesst sich, die Duftstoffe seltener Blumen zu analysieren und nachzuahmen, die nur auf dem Olymp, dem höchsten Gebirge Griechenlands, wachsen und ein einzigartiges Aroma verströmen.
Bis anhin hat noch niemand die Düfte dieser Blumen entschlüsselt. Ein Grund dafür ist, dass sie auf über 2100 Metern wachsen, unter Naturschutz stehen und daher nicht geschnitten werden dürfen. «Die Herausforderung war, die flüchtigen Duftmoleküle, mit denen normalerweise Bienen und andere Bestäuber angelockt werden, zu sammeln, ohne die Pflanzen dabei zu beschädigen», erklärt die Chemikerin.