Warum wir uns für das Klimaschutz-Gesetz positionieren

Portrait von Reto Knutti

Der politische Diskurs ist entscheidend für eine funktionierende Demokratie. Gerade bei komplexen Themen wie dem Klimawandel sollten sich auch Wissenschaftler:innen mit ihrer Expertise einbringen und zur Meinungsbildung beitragen, schreibt Reto Knutti.

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14 Kommentare

  • Katrin Uhlig17.05.2023 16:28

    Danke Herr Knutti, ich kann mich dem anschliessen. Anfangen wäre ein Anfang. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden nur durch bessere wissenschaftliche Erkenntnisse ersetzt, was Fortschritt und Forschung ausmachen. Auf eine 100%ige Prognose mit entsprechender Planungssicherheit zu warten ist in diesem Fall mitunter gefährlich. Die Gefahr bezieht sich aus meiner Sicht jedoch keineswegs auf persönliche Einschränkungen. Wer immer noch den Eindruck hat, dass wir dem Klimawandel ohne die Bereitschaft zu Einschränkungen entgegentreten können, hat aus meiner Sicht den Ernst der Lage nicht verstanden und missachtet das Verursacherprinzip. Und wenn die Schwelle erstmal überschritten ist, und sind wir ehrlich, wir müssen uns sputen um noch irgendetwas zu erreichen, wird den Kindern der Welt, auch wenn es plakativ klingen mag, kein Geld der Welt mehr helfen.

     
       
    • Markus N. Durrer06.05.2023 08:58

      Herr Knutti sind Sie davon überzeugt, dass CO2-Neutralität bis 2050 für reiche Länder, die als Vorbilder vorausgehen sollten, noch reicht, um das Schlimmste bez. Klimaerwärmung noch zu verhindern? Schwellenländer schaffen das 10 Jahre später ev. auch. Sind Sie wirklich überzeugt, dass uns dieses Klimagesetz signifikant vorwärts bring, um das Klimaziel bis 2050 zu schaffen? Im Abstimmungstext der Vorlage ist die Rede, dass heute im Winterhalbjahr 10% des Stromverbrauches für elektrische Heizungen verbraucht wird. Verschwiegen wird, dass Wärmepumpen, welche mit diesem Gesetz gefördert werden sollen, auch viel Strom verbrauchen. Das ist zwar nur ca. 1/3 so viel, wie Elektroöfen. Weil nicht nur der Ersatz von Elektroöfen durch WP gefördert wird, sondern auch der Ersatz von Öl-/Gasheizungen, wird dadurch der Strombedarf fürs Heizen durch diese Massnahme nicht sinken, sondern massiv steigen. Dazu kommt der steigende Strombedarf für eMobilität und Digitalisierung. Auch werden immer mehr stromfressende Klimaanlagen verbaut. Wenn der Zubau von auf erneuerbarer Energie basierenden Stromerzeugung nicht mit dem steigenden Stromverbrauch Schritt hält, wird mehr Strom importiert, zunehmend Strom aus Kohle. Dieses Gesetz enthält Massnehmen, der den Stromverbrauch ansteigen lässt, jedoch keine Massnahmen, die gewährleisten (finanzielle Fördermittel reichen nicht), dass der Mehrbedarf ausschliesslich durch sauberen Strom gedeckt wird. Keine Massnahmen zur Förderung CO2 ausAtmosphäre zu binden

       
      • Reto Knutti08.05.2023 13:06

        Der zusätzliche Strombedarf im Winter ist ohne Zweifel eine Herausforderung, aber ist lösbar. Vieles wird im sog. Mantelerlass geregelt, der jetzt im Parlament beraten wird. Klimaschutz und Energiewende müssen zusammen gedacht werden. Sommer ist kein Problem weil Solar im Sommer zu überschüssigem Strom führen wird. Im Kimaschutz Gesetz ist auch die Verpflichtung für Kapazitäten für negative Emissionen geregelt: "Der Bund und die Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten dafür, dass spätestens bis 2050 in der Schweiz und im Ausland Kohlenstoffspeicher im notwendigen Umfang für die Erreichung des Netto-Null-Ziels zur Verfügung stehen."

         
         
       
    • Jens Kaessner19.04.2023 15:39

      Danke, dass Sie das vorhandene Wissen über das Klima in den politischen Diskurs einbringen. Politische Entscheidungen können nur dann Probleme lösen, wenn sie auf vorhandenem Wissen aufbauen. In der heutigen Aufmerksamkeitsökonomie dreht sich der politische Diskurs um Befindlichkeiten statt um die uns umgebende Welt. Sie bringen das vorhandene Wissen trotzdem im politischen Diskurs ein - danke dafür!

       
         
      • Julian Dederke18.04.2023 15:48

        Max Weber unterschied bereits im Jahr 1917 in seinem Vortrag/Aufsatz "Wissenschaft als Beruf" zwischen Entdeckungszusammenhang, Begründungszusammenhang und Verwertungszusammenhang von Wissenschaft. Diese Unterscheidung ist seit jeher aktuell im Kontext wissenschaftlicher Arbeit und wird in diesem Beitrag nur konsequent und passend auf ein aktuelles Beispiel übertragen.

         
           
        • Peter Wetter17.04.2023 17:36

          Wenn sich Wissenschaftler als Fakten-Checker aufspielen, stimmt etwas nicht mehr. Es wird keine andere Meinung mehr geduldet. Dabei gibt es Klimawandel, seit es die Erde gibt - mit Mensch, aber auch ohne Mensch. Dagegen ist es sehr zweifelhaft, ob das CO2 dabei eine Rolle spielt. Und ob der Mensch dafür ursächlich eine Rolle spielt. Dazu gibt es keine schlüssigen Beweise. Bloss äusserst wacklige Modellrechnungen die bei kleinen Änderungen der Parameter sofort kippen oder überschnappen. Sogar der selbst ernannte Weltklimarat (IPCC) stellt in seinem 3. Bericht fest: „Klimamodelle arbeiten mit gekoppelten, nicht linearen chaotischen Systemen, dadurch ist eine langfristige Voraussage des Systems Klima nicht möglich.“ Chaotische Systeme lassen sich nicht vorhersagen. Das ist Stand des Wissens. Das wissen alle. Versucht wird es aber trotzdem. Übrigens hatten wir zu den Modellen gerade Anschauungsunterricht im Rahmen der Coronavirus-Modellrechnungen erhalten. Alles unbrauchbar.

           
          • Reto Knutti01.05.2023 13:05

            Sehr geehrter Herr Wetter, Dass der Mensch die dominante Ursache der Erwärmung ist, ist völlig klar. Die physikalischen Grundlagen sind seit über 100 Jahren bekannt. Dass es andere Einflüsse auf das Klima gibt (Vulkane, Sonne, Erdbahn), streitet niemand ab, diese sind jedoch nicht Ursache der jetzt beobachteten Veränderungen. Während das Wetter chaotisch ist, ist die langfristige Erwärmung ein Energiebilanzproblem. Genau wie wenn sie Wasser kochen: sie können den exakten Ort der Blasen im Wasser nicht voraussagen, aber ziemlich genau wie lange es dauert bis das Wasser heiss ist. Ihr Zitat IPCC ist so gewählt, dass sie etwas implizieren, was nicht gesagt wird. Das volle Zitat ist: «In climate research and modelling, we should recognise that we are dealing with a coupled nonlinear chaotic system, and therefore that the long-term prediction of future climate states is not possible. The most we can expect to achieve is the prediction of the probability distribution of the system of future possible states by the generation of ensembles of model solutions.» Das sagt korrekt, dass die *exakte* Voraussage grundsätzlich nicht möglich ist: man kann das Wetter am 4. Dezember 2085 nicht voraussagen, aber sehr wohl die Verteilung davon (Wetter vs. Klima). Mit freundlichen Grüssen, Reto Knutti

             
             
           
        • Alessandro Monti17.04.2023 10:03

          Krisenzeiten an sich, wie die Pandemie, wie auch der Krieg in der Ukraine, verlangen nach wissenschaftlichen Einordnungen. Wir als Gesellschaft tragen die Folgen politischer Entscheidungen. Wir als Gesellschaft finanzieren die Wissenschaft und weisen ihr somit eine Funktion innerhalb der Gesellschaft für die Zivilgesellschaft zu. Selbstverständlich ist es eine komplexe Angelegenheit. Der Entscheid liegt schlussendlich bei den demokratisch gewählten Politikern. Die Wissenschaft hat ihre Rolle genau abzuschätzen, genau zu kommunizieren, schlicht professionell vorzugeh, damit sie nicht Spielball der parteipolitischen Interessen wird. Wir stehen gesellschaftlich betrachtet an wichtigen Wegegablungen: Die Wissenschaft soll und muss Ihren Beitrag für die richtigen Entscheide beisteuern. Besten Dank an alle, die den Mut und die Zeit dafür investieren.

           
             
          • Max Blatter17.04.2023 06:51

            Dass sich "Expertinnen und Experten aus den Bereichen Klima, Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit sowie weiteren Fachrichtungen mit Bezug zum Klimawandel für das Klimaschutz-Gesetz positionieren" bedarf keiner Rechtfertigung, sondern ist m.E. eine Selbstverständlichkeit! Insofern hoffe ich, dass das Gesetz mit einem ähnlich deutlichen Resultat "durchkommt" wie im Mai 2017 das Energiegesetz und somit indirekt die Energiestrategie 2050 – und dass es nicht etwa das traurige Schicksal des im September 2020 (vermutlich im Sog des Corona-Frusts) abgelehnten CO2-Gesetzes teilt.

             
            • Renato Nüesch17.04.2023 07:56

              Endlich bekommen wir Unterstützung durch die Wissenschaft. Es ist so schwierig, die Leute zum Handeln zu motivieren, wenn Unwahrheiten und Fehlinterpretationen verbreitet werden. Das führt zu grosser Unsicherheit. Das Thema Klimawandel (nebst allen weiteren Umweltherausforderungen) ist sehr komplex. Mit Fakten lässt sich die Dringlichkeit zum Handeln aufzeigen. Dazu braucht es aber fundiertes Wissen, welches nur die Experten liefern können. Ich hoffe, dass dieses Gesetz deutlich angenommen wird, sonst vergeben wir uns die vielleicht letzte Chance.

               
               
             
          • Richard Dähler17.04.2023 06:50

            "Vorbildfunktion der Schweiz". Wie oft hört man das? Nach wem richtet sich die Schweiz? Eine entweder überhebliche, oder einfältig, Wortwahl.

             
            • Reto Knutti08.05.2023 14:20

              @ Markus Durrer: einige werden vielleicht später starten, aber dann schneller vorwärtskommen, entweder weil sie ein anderes politisches System haben (z.B. China) oder weil sie gar nie eine fossile Infrastruktur aufbauen. 2040 wäre schön, aber scheint im Moment wenig realistisch. Generell jedoch diskutieren wir aus meiner Sicht zu viel über Netto Null und 2050, und ob wir es schaffen oder nicht. Am Ende wissen wir es nicht genau. Die Frage was jetzt nötig ist, um anzufangen, ist jedoch ziemlich einfach zu beantworten. Also fangen wir an, machen Fehler, lernen, und machen es besser.

               
               
            • Markus N. Durrer06.05.2023 09:12

              @Reto Knutti: Wenn das alle bis dann zu schaffen haben, dann müssen das die reichen Länder, als Vorbilder, min. 10 Jahre früher schaffen. Nachahmer werden das erst später schaffen. Somit reicht für die Schweiz Klimaneutralität bis 2050 nicht!

               
               
            • Reto Knutti01.05.2023 13:13

              Sehr geehrter Herr Dähler, Die Ziele von Paris erfordern Netto Null CO2 Emissionen, und damit müssen alle auf Netto Null, ob klein oder gross. Die UNO Rahmenkonvention (UNFCCC), und das Übereinkommen von Paris übrigens später auch, hat vor Jahrzehnten das Prinzip der *gemeinsamen aber differenzierten Verantwortung* etabliert. “The Parties should protect the climate system for the benefit of present and future generations of humankind, on the basis of equity and in accordance with their common but differentiated responsibilities and respective capabilities. Accordingly, the developed country Parties should take the lead in combating climate change and the adverse effects thereof.” Gemeinsam heisst, es darf keine Trittbrettfahrer geben, egal ob klein oder gross. Differenziert bedeutet, dass diejenigen die am meisten verursachen (die westliche Welt, wir auch), sollen am meisten beitragen. Das ist das Verursacherprinzip, das bei praktisch allen Umweltfragen gilt. Aber differenziert heisst auch, dass diejenigen mehr beitragen sollen, die mehr können, d.h. am meisten Geld, intelligente Leute und Technologie haben. Die Schweiz gehört nach allen Kriterien dazu. Mit freundlichen Grüssen, Reto Knutti