Hotspot Venus

Die Oberfläche des erdähnlichen Planeten Venus weist Strukturen auf, die durch Mechanismen gebildet worden sein können, die sich auch im Erdinneren finden. Das zeigen Simulationen des ETH-Professors Taras Gerya.

Vergrösserte Ansicht: Auf der Oberfläche der Venus entstanden eigenartige ringförmige Strukturen. Eine Computersimulation klärt nun deren Entstehung. (Bild: nasa.gov)
Auf der Oberfläche der Venus entstanden eigenartige ringförmige Strukturen. Eine Computersimulation klärt nun deren Entstehung. (Bild: nasa.gov)

Die Oberfläche der Venus ist ein unwirtlicher Ort. Es ist über 400 Grad Celsius heiss und der Luftdruck ihrer lebensfeindlichen Atmosphäre ist nahezu 100 Mal höher als auf der Erde. Aufgrund ihres schalenartigen Aufbaus aus hauptsächlich festen Bestandteilen, zählt sie jedoch zu den vier erdähnlichen Planeten unseres Sonnensystems und ist für die Wissenschaft von Interesse. Obwohl die Venus heute geologisch «tot» zu sein scheint, ist sie mit narbenartigen, ringförmigen Strukturen übersät, die auf eine bewegte Geschichte hinweisen und auf der Erde so nicht zu finden sind. Diese eigenartigen Strukturen werden als Novae und Coronae bezeichnet.

Zwei Strukturen gleichen Ursprungs?

Beide Strukturen, so vermuteten Astro- und Geophysiker, stammen aus einer Zeit, in der die Venus geologisch aktiv war. Sie sollen durch vulkanische und daran gekoppelte tektonische Prozesse entstanden sein. Es wird spekuliert, dass die Gebilde durch ein Zusammenspiel der starren Kruste und Umwälzungen im Mantel – Konvektionsströme, die heisses Gesteinsmaterial an die Oberfläche transportieren und erkaltetes wieder in den Mantel abführen – entstanden. Unklar ist jedoch, ob ihre Bildung in Verbindung zueinander steht und die eine Struktur aus der andern entsteht, oder ob sie sich unabhängig voneinander entwickeln.

Mit Computer-Simulationen hat Taras Gerya, Professor für Geophysik der ETH Zürich, die markanten Oberflächenstrukturen nun erstmals nachbilden können und damit eine plausible Erklärung für deren Entstehung geliefert. Die Resultate seiner Simulationen sind soeben in der wissenschaftlichen Zeitschrift «Earth and Planetary Science Letters» veröffentlicht worden.

In seinem thermomechanischen Modell simulierte er definierte Prozesse im Inneren der Venus erstmals dreidimensional. Die Simulationen geben Hinweise darauf, dass sich erst Novae bilden und daraus über Jahrmillionen Coronae entstehen können. Daraus schliesst der Geophysiker, dass beide Strukturen den gleichen Ursprung haben können.

Evolution einer Ringstruktur

Auf der Venus sind bis anhin 64 Novae mit einem Durchmesser von 100 bis 300 Kilometern identifiziert. Die ringförmigen Strukturen in der Kruste der Venus sind durchsetzt von sternförmig verlaufenden Bruchzonen, die durch noch unbekannte tektonische und magmatische Prozesse entstehen.

Strukturanalysen haben bereits gezeigt, dass Novae auch Strukturen ausbilden können, die denjenigen von Coronae ähneln. Im Gegensatz zu den Novae sind diese 513 Strukturen manchmal sehr komplex aufgebaut: Ihr äusserster Ring ist erhöht. Ein Graben trennt diesen von einer weiteren ringförmigen Wall. Dieser geht wieder in eine Vertiefung über, bevor sich der zentrale Bereich der Struktur heraushebt. Coronae können wie im Fall der Artemis-Corona einen Durchmesser von bis zu 2600 Kilometer haben und eine grosse Zahl an kleinen Vulkanen beherbergen.Bisherige, ausschliesslich zweidimensionale Modelle zur Rekonstruktion der Gebilde gingen laut Gerya von einer zu kalten, dicken und starren Lithosphäre (Kruste und Bereiche des oberen Mantels) aus.

Jüngste Untersuchungen liessen aber annehmen, dass die Lithosphäre der Venus relativ warm, dünn und plastisch sei, schreibt der Forscher. Eine derartige Lithosphäre sei zudem erst kürzlich unter scheinbar aktiven Hotspot-Vulkanen auf Venus entdeckt worden. Hotspots sind Vulkane, die von heissem Mantelmaterial genährt werden. Das heisse Gesteinsmaterial steigt pilzförmig aus den Tiefen des Mantels bis zur Oberfläche des Planeten auf. So lange es die Oberfläche nicht durchdringt, werden sie als «Mantle Plume» bezeichnet. Durchbricht das von den Plumes erzeugte Magma die Kruste, entsteht ein Hotspot, wo Lava austritt.

Simulation von «Mantle Plumes»

Vergrösserte Ansicht: ringstruktur venus
Das Modell kann gut simulieren, wie auf der Venus Coronae (oben) oder Novae entstehen. (Graphik: aus Gerya TV, Earth and Planetary Science Letters, 2014)

Gerya hat nun in seinem Modell die thermischen Veränderungen sowie die Viskosität in Mantel und Kruste berücksichtigt. Er ist davon ausgegangen, dass die «Mantle Plumes» der Venus einen Durchmesser von 30 bis 100 Kilometern haben und in eine dünne und sehr warme Lithosphäre eindringen. Die Simulationen zeigen, dass der teilweise geschmolzene Plume vorerst die Kruste aufwölbt. Danach fliessen heisse Schmelzen des Plumes nach oben und in der Kruste bildet sich eine grosse aufsteigende Magmaregion mit einer inneren Konvektionsströmung. Über dieser heissen Region entsteht ein riesiger Nova-Berg mit den typischen sternförmig verlaufenden Rissen.

Die Bilder der Simulationen zeigen auch, dass sich im Laufe von Millionen von Jahren eine Nova-Struktur in die einer Corona umwandeln kann, wenn geschmolzenes Gesteinsmaterial aus dem Magmareservoir an die Oberfläche der Venus dringen kann. Eine der Simulationen ähnelt gar der Aramaiti-Corona. Geophysiker Gerya hält aber fest, dass die simulierte Struktur etwa drei Mal kleiner ist als das Original.

Wandelt sich im Modell eine Nova in eine Corona, bricht der Rand des Nova-Bergs konzentrisch nach innen ein. Zugleich wird durch die Konvektionsströmung im Zentrum der Nova teilweise geschmolzenes Krustengestein vom Inneren der Nova nach aussen hin über die Oberfläche der Venus überschoben. Es bilden sich ein äusserer Ring mit konzentrischen Abschiebungen von Gesteinsmaterial sowie ein innerer Ring mit konzentrischen Überschiebungen. Zwischen beiden Ringen entsteht ein Graben.

«Vor allem bei den kleinen und mittelgrossen simulierten Novae und Coronae finden sich bemerkenswerte Ähnlichkeiten zu solchen, die wir auf der Venus beobachten können», sagt Gerya. Das Modell habe aber auch Grenzen: Es könne noch nicht alle in der Natur beobachteten Strukturen generieren. Deshalb sei es zwar sehr plausibel, dass Novae und Coronae durch Mantel-Plumes verursacht würden. Der ETH-Professor kann aber weitere Entstehungsmechanismen nicht ausschliessen.

Fehlendes Wasser spricht gegen Plattentektonik

Ob auf der Venus heute noch neue Novae oder Coronae gebildet werden, ist unbekannt. Die Modelle zeigen aber laut Gerya, dass grosse Nova-Berge relativ kurzlebige Strukturen sind, die nur über aktiven Magmaregionen der Kruste existieren können. Aktuell fänden sich auch einige Hinweise auf aktiven Hotspot-Vulkanismus, etwa auf Idunn Mons, die einem Nova-Berg ähnle. Auch wird nicht ausgeschlossen, dass auf der Venus einst einige plattentektonische Prozesse ähnlich wie auf der Erde stattgefunden haben könnten. Ob das heute noch der Fall ist, scheint unwahrscheinlich, weil Wasser bei der Bildung und dem Recycling von Kruste durch Subduktions-Prozesse eine wichtige Rolle spielt. Wasser aber fehlt auf der über 400 Grad Celsius heissen Oberfläche der Venus heute gänzlich.

Literaturhinweis

Gerya T: Plume-induced crustal convection: 3D thermomechanical model and implications for the origin of novae and coronae on Venus, Earth and Planetary Science Letters, published online 20th Febr 2014, DOI: externe Seite10.1016/j.epsl.2014.02.005externe Seite

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