Blick über den Tellerrand

Der Mensch im Mittelpunkt bei der Entwicklung neuer Ideen: Dies ist der Ansatz der Innovationsmethode Design Thinking. Erstmals bietet die ETH Zürich hierzu einen Kurs für Master-Studierende aller Fachrichtungen an.

Vergrösserte Ansicht: ETH Zürich
Lernen nach den Prinzipien des Design Thinking: Studierende müssen mit Spaghetti und Klebeband eine möglichst stabile Konstruktiion hinbekommen. (alle Bilder: ETH Zürich / Peter Rüegg)

Fachliche Kompetenzen allein reichen oft nicht aus, um sich im globalen Wettbewerb zu bewähren. Immer häufiger ist der berühmte Blick über den Tellerrand gefragt. Denn die Entwicklung neuer Produktideen erfordert zunehmend interdisziplinäres Denken und Arbeiten. Der neu entwickelte Masterkurs «Design Thinking: Human-Centred Solutions to Real World Challenges» soll Studierenden an der ETH Zürich genau diese Fähigkeiten vermitteln.

Einer der Mit-Initiatoren ist Professor Mirko Meboldt vom Departement für Maschinenbau und Verfahrenstechnik: «Unser Ziel ist es, dass Studierende aus möglichst vielen unterschiedlichen Fachrichtungen mitmachen und lernen, miteinander zu arbeiten und sich über die Fachgrenzen hinweg auszutauschen, um gemeinsam innovative Lösungen zu entwickeln.»

Dazu sollen die Teilnehmenden die Prinzipien des Design Thinkings anwenden. Entwickelt wurde diese Innovationsmethode am Hasso Plattner Institute of Design, der sogenannten «d.school», an der amerikanischen Stanford University in Zusammenarbeit mit dem Hasso-Plattner-Institut in Potsdam. Neben ihrer Interdisziplinarität zeichnet die Methode aus, dass bei der Entstehung von neuen Produkten der Mensch und nicht die Technologie im Zentrum steht. So sollen anwenderorientierte Lösungen entstehen. Der Kurs passt zur «Critical Thinking»-Initiative, welche die ETH Ende 2013 lanciert hat, um Studierenden neben fachlichen Kompetenzen gezielt kritisches Denken und Analysieren zu vermitteln. Initiiert wurde der Masterkurs von Spark Labs, einem neu gegründeten Verein zur Förderung der Lehre und Ausbildung im Design Thinking.

Der Verein wurde von Alan Cabello und Florian Rittiner konzipiert und gemeinsam mit Stefano Brusoni, Professor für Technologie- und Innovationsmanagement am Departement für Management, Technologie und Wirtschaft der ETH sowie Chris Tucci vom Lehrstuhl für Unternehmensstrategie und Innovation der EPFL ins Leben gerufen. Brusoni gehört neben Meboldt und Christoph Hölscher, Professor für Kognitionswissenschaft am Departement Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften, zu den Initiatoren dieses Angebots. Auch an der EPFL wird ein Design-Thinking-Kurs angeboten, um so ein Schweizweites Netzwerk aufzubauen.

Der Mensch im Mittelpunkt

«Design Thinking beruht auf einem fünfstufigen Prozess, wobei es im ersten Schritt darum geht, den späteren Kunden und seine Bedürfnisse kennenzulernen», erläutert Florian Rittiner. Er wird künftig gemeinsam mit Alan Cabello, Dozent für Innovationsmanagement an der ETH sowie der EPFL, den Kurs leiten. Laut Rittiner, Visiting Researcher an der Professur von Mirko Meboldt, ist es wichtig, dass die Teilnehmenden ergänzend zum Kundenverständnis lernen, sich mit der Sicht- und Herangehensweise unterschiedlicher Studienrichtungen auseinanderzusetzen. Dazu sollen sie in kleinen, interdisziplinären Teams zusammenarbeiten. «Zum Beispiel in einem IT-Projekt können ein Biologe oder ein Mediziner durch ihre Fragen und ihre Perspektive eine ganz andere Lösung hervorbringen als ein Informatiker alleine,» erklärt Rittiner. Damit dieser Austausch möglich wird, müssten verschiedene Disziplinen jedoch lernen, miteinander zu kommunizieren. Ein oft nicht einfacher Prozess.

Ein weiterer wichtiger Teil der Design-Thinking-Methode ist die Entwicklung eines Prototyps. «So sollen Ideen greifbar werden», erklärt Rittiner. Damit die Studierenden die Prototypen erstellen können, wurde eigens ein Raum für den Studiengang geschaffen. In einer Werkstatt, die jedes Frühjahr von Maschinenbau-Studierenden im ersten Jahr für ihr Innovationsprojekt genutzt wird, ist nun das sogenannte LEO Loft an der Leonhardstrasse entstanden. Zur Verfügung gestellt wurde der Raum vom Departement für Maschinenbau und Verfahrenstechnik. Nach wochenlangem Umbau ist multifunktionaler Unterrichtsraum mit Werkstatt- und Gruppenarbeitsplätzen sowie einem Bereich für Vorlesungen entstanden. Die Vielseitigkeit des Raums findet so viel Anklang, dass ihn schon vor dem Beginn des Semesters verschiedene Studiengruppen für Workshops genutzt haben. Bislang ist jedoch vorgesehen, den Raum nach Abschluss des Design-Thinking-Kurses im Dezember bis zum Frühlingssemester wieder in eine Werkstatt zu verwandeln.

Kursaufbau und Anmeldung

Der dreimonatige Masterkurs «Design Thinking: Human-Centred Solutions to Real World Challenges» wird drei Projektarbeiten von jeweils einer, drei und sechs Wochen umfassen. Beim sechswöchigen Projekt werden die interdisziplinären Teams mit einem Firmenpartner zusammenarbeiten, um eine reale Fragestellung mittels Design Thinking zu lösen. Der Kurs ist für Masterstudierende aller Departemente ausgeschrieben. Die Teilnehmerzahl ist auf 30 Studierende begrenzt; die Unterrichtssprache ist Englisch. Bei der Bewerbung für den Kurs sind neben der Fachrichtung auch persönliche Interessen anzugeben. Diese sind beim Design Thinking ebenfalls wichtig für den Innovationsprozess. Anmeldungen sind bis zum 7. September 2015 bei einzureichen. Weitere Informationen unter www.sparklabs.ethz.ch

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