Magnetische Kräfte gegen das Gift im Blut

Alle fünf Sekunden stirbt weltweit ein Mensch an Blutvergiftung. Hemotune, ein junges Startup-Unternehmen von ETH-Forschenden, will dagegen kämpfen: mit einem neuen Verfahren zur Blutreinigung.

Gründer von Hemotune
Carlos Mora, Corinne Hofer und Lukas Langenegger gründeten den Start-up Hemotune, um ein neuartiges Blutreinigungsverfahren auf den Markt zu bringen. (Bild: Hemotune)

Lukas Langenegger nimmt eine kleine, gläserne Ampulle mit einer dunklen rot-braunen Flüssigkeit in die Hand. Dann hält er einen Magneten an den Behälter – und zack: Am Glasrand konzentrieren sich Eisenpartikel, zurück bleibt eine glasklare Flüssigkeit. Was der ETH-Doktorand hier präsentiert, ist der Kern einer neuen Methode zur Blutreinigung.

Die Idee: Nanopartikel sollen Giftstoffe im Blut binden und anschliessend magnetisch abgetrennt werden. Ähnlich wie bei einer Dialyse wird das Verfahren in einem externen Kreislauf angewendet, das Blut also aus dem Körper gepumpt, behandelt und wieder zurückgeführt. «Die ETH forscht schon lange an solchen Methoden», erklärt Lukas Langenegger. «Wir wollen diese Forschung nun für die medizinische Praxis nutzbar machen.» Um dies zu erreichen, baut Langenegger zurzeit zusammen mit Carlos Mora und Corinne Hofer den Start-up Hemotune auf.

Lukas Langenegger hat nach der Matura eine Banklehre gemacht und sich dann an der ETH Zürich zum Chemie- und Bioingenieur ausbilden lassen. Carlos Mora ist Biologe mit Spezialgebiet Immunologie, Corinne Hofer Chemikerin. Die drei haben sich im Labor für funktionelle Materialien von ETH-Professor Wendelin Stark kennengelernt.

Fokus liegt auf akuten Blutvergiftungen

«Unser Fokus liegt auf der Behandlung von akuten Blutvergiftungen», erklärt Langenegger. Blutvergiftungen (Sepsis) sind sehr häufige Komplikationen beispielsweise in Folge einer Lungenentzündung. Jährlich erleiden weltweit 19 Millionen Menschen eine Sepsis, die mit 12 Todesfällen pro Minute zu den häufigsten Todesursachen überhaupt gehört. Vier von zehn Menschen sterben daran.

Hemotune Schema
Schema der Blutreinigung mit der Methode von Hemotune. (Grafik: www.hemotune.ch)

Bei Blutvergiftungen werden häufig hohe Konzentrationen von so genannten Endotoxinen – bakteriellen Giftstoffen – freigesetzt. Die Entfernung dieser Gifte ist einer der vielversprechendsten Behandlungsansätze, jedoch kämpfen bisherige Blutreinigungsmethoden mit dem Problem, diese Stoffe gezielt und effizient zu entfernen. Die neue Technologie soll diese Einschränkungen überwinden. «Die Entfernung der Bakteriengifte dürfte die Überlebenschancen von Betroffenen markant steigern», sagt Langenegger.

Deshalb verfolgt Hemotune den eingeschlagenen Weg mit Nanopartikeln weiter. In den kommenden drei Jahren sollen die ersten klinischen Studien gemacht werden. Bis dahin bleibt viel zu tun. «Wir müssen sicherstellen, dass unser Blutreinigungsverfahren allen Vorschriften für Medizinprodukte entspricht.» Die Nanopartikel müssen in eigens gebauten Reaktoren hergestellt, in speziell zertifizierten Labors getestet und das Blutreinigungsverfahren unter realen Bedingungen auf Wirksamkeit geprüft werden. Damit sollen vor allem mögliche Risiken und Nebenwirkungen minimiert werden. Zwar deutet bis jetzt alles auf eine gute Verträglichkeit hin, dennoch sind solche Tests für diese Technologie von zentraler Bedeutung.

Neue Technologie mit zahlreichen Vorteilen

Warum sollte sich die neue Methode auf dem Markt durchsetzen? «Der Vorteil gegenüber bisherigen Verfahren ist, dass unsere Nanopartikel gezielt einzelne Giftstoffe entfernen. Zudem ist die Technologie effizienter und schonender als bisherige Methoden, die auf Filtern beruhen», erklärt Langenegger.

Ihren Lebensunterhalt verdienen er und seine Mitstreiter derzeit noch mit ihren Anstellungen an der ETH Zürich. Um sein Projekt vorantreiben zu können, muss das Team nun aber Geld auftreiben – viel Geld. Bis jetzt haben die Jungunternehmer bei verschiedenen Wettbewerben, unter anderem beim Venture-Kick-Wettbewerb, Motivationsspritzen von mehreren 10'000 Franken erhalten. «Für die klinischen Versuche brauchen wir aber Millionenbeträge», so Langenegger. Da es sich um so grosse Beträge handelt, sind die drei Nachwuchsforscher gezwungen, sehr gut zu planen und strukturiert vorzugehen. «Niemand gibt uns einfach so mehrere Millionen. Wir müssen also genau wissen, was wir wollen, und die Machbarkeit unserer Technologie aufzeigen können», betont der Jungunternehmer.

Wenn alles gut läuft, dürfte das junge Unternehmen bei der Finanzierung bereits diesen Winter einen grossen Schritt weiter kommen. Entsprechende Verhandlungen sind im Gang. Gelingt auch der wirtschaftliche Durchbruch, ist das nicht nur das Verdienst des jungen Forschungsteams, wie Langenegger betont: «Ohne die Vorleistung unserer Kolleginnen und Kollegen am Labor für funktionelle Materialien wären wir heute nicht so weit.»

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