«Mein Ziel ist es, mich überflüssig zu machen»
Der ETH-Alumnus Aeneas Wanner setzt sich als Geschäftsführer, Politiker und Verwaltungsratsmitglied für die Umwelt ein. Den Grundstein für dieses Engagement legte sein Studium an der ETH.
Geschäftsführer, Politiker, Verwaltungsratsmitglied: «Langweilig wird mir nicht», lacht Aeneas Wanner, wenn man ihn fragt, wie er seine vielfältigen Aufgaben unter einen Hut bekommt. Der 39-jährige Umweltnaturwissenschaftler leitet seit mehr als 12 Jahren die Geschäfte von Energie Zukunft Schweiz. Das Unternehmen unterstützt Energieversorger, Immobilienfirmen und Hausbesitzer bei der Umstellung auf erneuerbare Energien. Es berät sie unter anderem zu Fragen der Gebäudedämmung, der Energieeffizienz oder der Vermarktung von Ökostrom. «So treiben wir die Energiewende voran.»
Er sei ein Macher, sagt der Basler von sich. Zusammen mit seinem Team entwickelt er Geschäftsmodelle und stellt neue Projekte auf die Beine. «Mein Ziel ist jeweils, mich überflüssig zu machen.» Also die Dinge so weit zum Laufen zu bringen, dass andere sie übernehmen können. So hat er etwa einen Online-Vertrieb für Wärmepumpen gegründet, der nun als eigenständiges Unternehmen fungiert. Und die Spin-off-Firma Act Cleantech, deren Verwaltungsratspräsident er ist, unterstützt im Auftrag des Bundes mehr als 300 Industrieunternehmen bei der Steigerung der Energieeffizienz und bei und der Reduktion von Treibhausgasemissionen.
Voller Überrraschungen
Als sich der damals 26-jährige Wanner um die Stelle als Geschäftsführer bei Energie Zukunft Schweiz bewarb, hatte er sein ETH-Studium noch nicht lange abgeschlossen. Er stiess zufällig auf die Stellenausschreibung und wusste sofort: «Das ist mein Traumjob.» Obwohl er sich wenige Chancen ausrechnete, bewarb er sich – und wurde zu seiner Überraschung genommen. «Ausschlaggebend war wohl, dass ich bereits Erfahrung beim Aufbau eines Start-up-Unternehmens gesammelt hatte», sagt Wanner. Denn im Jahr 2002, noch während des Studiums, hatte er gemeinsam mit Studienkollegen die Klimaschutzstiftung myclimate ins Leben gerufen. Das erfolgreiche ETH-Spin-off bietet die Möglichkeit, CO2-Emissionen über Spenden zu kompensieren, welche wiederum in Klimaschutzprojekte fliessen.
«Die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist eine Herzensangelegenheit für mich.»Aeneas Wanner
«Die Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlage ist für mich eine Herzensangelegenheit», sagt Wanner. Schon früh stand für ihn fest, dass er im Umweltbereich arbeiten möchte: Als Schüler wollte er Greenpeace-Aktivist werden. Nach der Matura entschied er sich für ein Studium der Umweltnaturwissenschaften an der ETH – eine Wahl, die er wieder treffen würde. Ihm gefiel der interdisziplinäre Ansatz: «Das damals Gelernte kommt mir bei meiner heutigen Arbeit immer noch zugute.»
Die richtigen Prioritäten setzen
So unverhofft, wie Wanner Geschäftsführer von Energie Zukunft Schweiz wurde, so unverhofft fand er sich auch in der Politik wieder: 2009 wurde er ins Kantonsparlament Basel-Stadt gewählt. Erst ein Jahr vorher war er der neu gegründeten Grünliberalen Partei beigetreten. Als Wahlen anstanden, suchte man Kandidaten und fragte ihn, ob man ihn auf die Liste setzen dürfe. Wanner stimmte zu. «Ich hätte aber nicht gedacht, dass ich tatsächlich gewählt werde.» Die ersten Jahre waren dann auch entsprechend harzig: «Ich hatte ja noch keine Ahnung von Politik.»
Doch mit der Zeit sammelte er wertvolle Erfahrungen. 2013 lancierte er zusammen mit Allianzpartnern die Volksinitiative «Basel erneuerbar», die den vollständigen Umstieg auf erneuerbare Energien bis zum Jahr 2050 fordert. Daraufhin wurde ein neues kantonales Energiegesetz erarbeitet, welches als Gegenvorschlag vom Parlament angenommen wurde. Dieses schreibt unter anderem vor, dass beim Ersatz von Öl- und Gasheizungen in Basel-Stadt Systeme verwendet werden müssen, die erneuerbare Energieträger nutzen. Laut Wanner ist das neue Gesetz eines der fortschrittlichsten der Schweiz: «Es war mein bisher grösster politischer Erfolg.»
Ausgleich zu seinen kopflastigen Tätigkeiten findet Wanner in den Bergen, beim Klettern, Gleitschirmfliegen oder auf Skitouren. Dafür hält er sich trotz seiner vielen Verpflichtungen die Wochenenden frei. «Man muss Prioritäten setzen», sagt er. Diese werden sich bald in eine neue Richtung verschieben: Er und seine Partnerin erwarten im Sommer Nachwuchs.
Ihm ist nach wie vor wichtig, sein Wissen und seine Erfahrung weiterzugeben, unter anderem als Dozent an der ETH. Dort unterrichtet Wanner regelmässig den Kurs «Projektentwicklung im Bereich erneuerbarer Energien». «Ich möchte den Studierenden aufzeigen, welche spannenden Herausforderungen die Energiewende bietet – und dass das Engagement für die Umwelt einfach Spass macht.»