Bessere Integration dank Einbürgerung

Wenn Ausländer den Schweizer Pass erhalten, integrieren sie sich hierzulande besser. Das Einkommen erhöht sich in den Jahren nach dem Erhalt der Staatsbürgerschaft um durchschnittlich 5000 Franken. Das dient sowohl den Eingebürgerten als auch Staat und Gesellschaft.

Vergrösserte Ansicht: Impression von der Zürcher Einbürgerungsfeier. Einbürgerung wirkt gemäss einer Studie des Immigration Policy Lab wie ein Katalysator der Integration. (KEYSTONE/Walter Bieri)
Impression von der Zürcher Einbürgerungsfeier. Einbürgerung wirkt gemäss einer ETH-Studie wie ein Katalysator der Integration. (KEYSTONE/Walter Bieri)

Wie gelingt die Integration von Ausländern am besten? Darüber diskutieren Fachleute seit langem. Nun haben die Forscher Jens Hainmueller, Dominik Hangartner und Dalston Ward des Immigration Policy Lab der ETH Zürich und der Stanford University einen Faktor identifiziert, der die Integration erleichtert: Den Erwerb der Staatsbürgerschaft. «Die Einbürgerung wirkt wie ein Katalysator für die Integration», sagt Dominik Hangartner, Professor für Politikanalyse an der ETH Zürich und Koautor der Studie.

Der Erhalt der Staatsbürgerschaft erhöhe das Einkommen während der folgenden 15 Jahre um durchschnittlich 5000 Schweizer Franken pro Jahr. Dabei gibt es Unterschiede zwischen den Eingebürgerten: «Die positiven Effekte auf das Einkommen sind bei den tiefen Löhnen und bei den marginalisierteren Migrantinnen und Migranten am grössten», erklärt Hangartner. Konkret sei die Schweizer Staatsbürgerschaft Zugewanderten aus der Türkei und aus Ex-Jugoslawien am meisten zugutegekommen.

Innovative Methodik

Und wie genau haben die Studienautoren den Schluss ziehen können, das höhere Einkommen der Eingebürgerten sei ursächlich auf den Erhalt der Staatsbürgerschaft zurückzuführen? Schliesslich können auch andere Faktoren dazu beitragen, dass sich eingebürgerte Migrantinnen und Migranten besser integrieren. Oder es könnte sein, dass sich schon recht gut integrierte Ausländer eher einbürgern lassen wollen. Aus den Lohnunterschieden zwischen Migrierten mit und solchen ohne Schweizer Pass könnten keine kausalen Schlüsse gezogen werden, sagt Hangartner.

«Wenn man einfach eingebürgerte und nicht-eingebürgerte Migrierte vergleicht, ist das, wie wenn man Äpfel und Birnen vergleichen würde», erklärt Hangartner. Sie hätten sich daher in der Studie auf jene Gemeinden konzentriert, welche bis 2003 in geheimer Urnenabstimmung über individuelle Einbürgerungsgesuche entschieden und dabei auf knappe Einbürgerungsentscheide fokussiert. «Ob jemand mit einer kleinen Mehrheit der Stimmen eingebürgert oder sein Gesuch knapp abgelehnt wird, ist so gut wie zufällig», ergänzt Koautor Dalston Ward, Postdoktorand in Hangartners Gruppe an der ETH Zürich.

Konkret haben die Forschenden in 46 Deutschschweizer Gemeinden diese Einbürgerungsgesuche mit knappem Ausgang analysiert und – mit Hilfe der Daten der Zentralen Ausgleichsstelle der AHV – die Einkommen der knapp Nicht-Eingebürgerten und der knapp Eingebürgerten in den Jahren vor und nach dem Entscheid verglichen.

«Dies erlaubt uns, den Schluss zu ziehen, dass die nach dem Einbürgerungsentscheid ansteigenden Einkommensunterschiede zwischen den beiden Gruppen kausal auf die Einbürgerung zurückzuführen sind», sagt Ward. Denn es bestünden bezüglich Geschlecht, Einkommen vor der Abstimmung oder ihrer Herkunft kaum Unterschiede zwischen den knapp abgelehnten Gesuchstellern und den knapp Eingebürgerten. Durch diese Methodik ist es den Forschern gelungen, den Einfluss der Einbürgerung auf die Integration zu isolieren.

Einbürgerung wirkt wie ein Katalysator

Welche Folgerungen lassen sich aus diesen Resultaten ziehen? «Unsere Studie zeigt, dass die Einbürgerung die wirtschaftliche Integration langfristig fördert», sagt Hangartner. Es ist deshalb zielführend, Ausländerinnen und Ausländer möglichst schnell nach dem Erfüllen der Wohnsitzfrist einzubürgern, denn «die positiven Effekte der Einbürgerung auf die Integration und das Lebenseinkommen sind umso grösser, je früher sich eine Person einbürgern lässt», sagt Hangartner.

Einbürgerungen sind daher auch für den Staat interessant. Und so untersucht das Immigration Policy Lab in einem seiner nächsten Forschungsprojekte den Ansatz der Stadt Zürich, Ausländerinnen und Ausländerinnen, welche die Kriterien erfüllen, zur Einbürgerung zu motivieren. Ziel ist es herauszufinden, welche Hürden einer Einbürgerung im Weg stehen und wie sich diese abbauen lassen.

Literatur

Hainmueller J, Hangartner D, Ward D. The Effect of Citizenship on the Long-Term Earnings of Marginalized Immigrants: Quasi-Experimental Evidence from Switzerland. Science Advances, 04 December 2019. DOI: externe Seite 10.1126/sciadv.aay1610.

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2 Kommentare

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  • Peter Müller06.12.2019 08:57

    Die Studie vergleicht nur Geschlecht, Herkunft und Lohnniveau und schliesst daraus, dass die Einbürgerung den Unterschied macht. Da könnte man genauso z.B. eine Hochzeit als definierten Zeitpunkt nehmen. Wie entwickeln sich Gehälter eine Gruppe die geheiratet hat mit einer die ledig geblieben ist. Man würde ebenso auf eine sinnlose Aussage kommen. Der Effekt unterschiedlicher Lohnentwicklungen ist auf die unterschiedlichen Berufswege, Branche sowie Arbeitsort zurückzuführen. Wie stark diese mit der Einbürgerung zu tun hat? Die Studie schliesst einfach daraus, dass das mit der Einbürgerung zusammenhängt... Aber diese Hypothese wurde nicht überprüft! Daher unbrauchbar, diese Studie...

     
       
    • Jürgen Baumann05.12.2019 11:37

      Na, da werden wohl unsere Stramm-Schweizer vom rechten Rand des politischen Spektrums ganz anderer Meinung sein. Die sehen die Einbürgerung eher als eine Art Gnadenerlass, der erst die Menschwerdung nach Schweizer Art vollendet. Danke für diese Arbeit. Wichtiger Beitrag für die Diskussion um den Einbezug der Wohnbevölkerung in demokratische Entscheidungen. Wir können es uns auf lange Sicht nicht leisten, wenn mehr als 30% der potenziellen Wähler von politischen Rechten ausgeschlossen werden. So entsteht keine Loyalität. Ganz im Gegenteil.