Spark-Award-Gewinner lassen Tumore leuchten
Tumore sichtbar machen, damit Chirurgen genau soviel wie nötig schneiden können: Das ist das Ziel der Erfindung der beiden ETH-Chemiker Helma Wennemers und Matthew Aronoff. Dafür erhielten sie jetzt den «Spark Award». Mit dem Preis zeichnet die ETH ihre innovativste und wirtschaftlich aussichtsreichste Erfindung des vergangenen Jahres aus.
«Ich kann es kaum glauben, dass wir ausgewählt wurden», sagt Helma Wennemers. «Ich bin sehr stolz auf Matt, der die treibende Kraft hinter unserer Erfindung war». Die Professorin für Organische Chemie hat gemeinsam mit dem ETH-Fellow Matthew Aronoff einen fluoreszierenden Marker entwickelt, der Chirurgen ihre Arbeit erleichtern soll. Dafür wurden die beiden Forschenden nun mit dem «Spark Award 2020» ausgezeichnet.
Der ETH-Vizepräsident Detlef Günther sagt: «Der Fluoreszenzmarker ist eine herausragende Neuentwicklung in der diagnostischen Medizin». Krankhaftes Gewebe könne dank dieser Erfindung sichtbar gemacht werden. An der ETH Industry eWeek – einer virtuellen Veranstaltung der ETH für die Industrie – wird Günther den Preis am 23. September 2020 an das Erfinderteam überreichen.
Die Erfindung ist keineswegs ein Zufallsprodukt. «Wir forschen in meinem Labor seit zehn Jahren an dem Protein Kollagen, um es auf molekularer Ebene besser zu verstehen und damit die Grundlagen für medizinische Anwendungen zu legen», erklärt Wennemers.
Krankhafte Produktion von Gewebe
Der Körper braucht Kollagen, um Gewebe herzustellen. Bei Krebs und verschiedenen fibrotischen Erkrankungen entsteht allerdings zu viel Gewebe. Um diese krankhafte Produktion von Gewebe sichtbar zu machen, setzen die beiden Forschenden bei ihrer Erfindung auf das Enzym LOX, das die Quervernetzung von Kollagen im Gewebe initiiert. Dort, wo LOX aktiv ist, reichert sich auch ihr Marker an und zeigt damit den Chirurgen, wo sich das krankhaft veränderte Gewebe befindet.
«Unsere Erfindung hat jetzt ein Niveau erreicht, bei dem die Hoffnung realistisch ist, dass sie in Zukunft Patienten helfen wird». Auch die nächsten Schritte zur Anwendung der Erfindung in der realen Welt sind bereits getan. Matthew Aronoff sagt: «Wir hoffen, die wichtigsten Schritte zur Patentanmeldung bis zum Jahresende abzuschliessen und prüfen gerade die Möglichkeiten, ein Spin-off zu gründen».
Wie hoch die Messlatte für die Erfindung von Wennemers und Aronoff lag, zeigt die Qualität der Projekte der vier weiteren Nominierten. Insgesamt verzeichnete die ETH Zürich im vergangenen Jahr 185 Erfindungen.
Die Siegertechnologie
Leuchtendes Tumorgewebe: Bei fibrotischen Erkrankungen oder Krebstumoren bildet sich oft unkontrolliert viel Gewebe. Beteiligt an diesem Prozess ist das Enzym LOX, das Kollagen-Proteine im Gewebe zusammenfügt. Matthew Aronoff und Helma Wennemers machen jetzt via LOX Tumorgewebe sichtbar. Sie haben einen fluoreszierenden Marker entwickelt, der sich dort anreichert, wo LOX aktiv ist. Chirurgen sollen so bei Operationen den Tumor vom gesunden Gewebe unterscheiden können.
Die weiteren Finalisten
Implantate aus dem Drucker: Um verletzte Knochen oder Knorpel nach Unfällen oder Operationen zu ersetzen, haben Elia Guzzi und Mark Tibbitt eine Bio-Tinte für den 3D-Druck von Implantaten aus Kollagen oder Zellen entwickelt. Die Tinte ist beim Druck dünnflüssig und verdickt sie sich gleich nach dem Austritt aus dem Druckkopf. Mittels UV-Bestrahlung oder Hitze erhält das Implantat dann die gewünschte Elastizität, die sich nach der Gewebeeigenschaft richtet.
Tiere gegen Salmonellen impfen: Zuchttiere leiden oft unter Durchfall durch Salmonellen. Da sich das Bakterium kontinuierlich verändert, werden bisherige Impfstoffe schnell unwirksam. Wolf-Dietrich Hardt, Emma Wetter Slack und Médéric Diard haben einen Impfstoff entwickelt, der diese genetische Veränderung nutzt. Die Impfung löst eine Immunreaktion aus, welche die Evolution der Salmonellen so lenkt, dass nur unschädliche Krankheitserreger überleben, die sich auch nur schlecht auf andere Tiere übertragen.
Schneller mit Bitcoins zahlen: Kunden müssen oft minutenlang warten, bis eine Zahlung mit Kryptowährungen abgewickelt ist. Daher kommen Kryptowährungen bislang nur selten im Alltag zum Einsatz. Srdjan Capkun und seine Forschungsgruppe haben daher das Bezahlkonzept «Snappy» entwickelt. Damit der Käufer nicht warten muss, wird bis zum Abschluss des Zahlvorgangs ein Pfand bei dem Verkäufer als Sicherheit hinterlegt. Sobald die Transaktion abgeschlossen ist, wird das Pfand wieder freigegeben.
Ultrascharfe Nadeln für die Rasterkraftmikroskopie: Rasterkraftmikroskope gehören zum Standard in der Forschung. Sie werden verwendet, um Oberflächen von Proben im Nanobereich abzutasten. Dabei nutzen sich ihre feinen Nadeln ab und verschmutzen, weshalb sie oft gewechselt werden müssen. Amit Kumar Sachan und Renato Zenobi haben jetzt Nadeln aus Metalldraht mit einem Verfahren der Mikroelektronik entwickelt. Ihr Verfahren ist schneller und kostengünstiger als die bisherige Herstellung mittel Ätzen von Silizium.