Nachhaltige Lösung für sauberes Trinkwasser

ETH-Postdoc Olivier Gröninger verbessert mit seinem Projekt Openversum die Trinkwasserversorgung von Menschen in ländlichen Gebieten Südamerikas. Davon profitieren nicht nur die Familien, sondern auch die lokale Wirtschaft und das Klima.

Olivier Gröninger mit seinem Wasserfilter
Olivier Gröninger demonstriert im Labor seinen Wasserfilter. (Bild: Gian Marco Castelberg / ETH Zürich)

«Noch immer haben auf der Welt zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser», sagt Olivier Gröninger, Postdoc in der Gruppe von ETH-Professor Wendelin Stark. Diesen Menschen will der Chemieingenieur helfen. In den vergangenen fünf Jahren hat er einen günstigen und leistungsfähigen Wasserfilter entwickelt, der einfach in der Herstellung und in der Bedienung ist.

In einer Feldstudie in Kolumbien brachte Gröninger Handwerkern bei, den Filter herzustellen. Mittlerweile sind in Kolumbien und im benachbarten Ecuador 100 solcher Filter bei auf dem Land lebenden Familien im Einsatz. Insgesamt profitieren 400 Menschen von diesem ETH-Projekt. Dank den Filtern können sie Flusswasser oder Wasser aus verschmutzen Grundwasserbrunnen reinigen und anschliessend gefahrlos trinken.

Von Fachjurys gelobt

Das Projekt basiert auf dem grossen Knowhow zu Filtermembranen der Gruppe von ETH-Professor Stark, in der Gröninger in den vergangenen Jahren seine Doktorarbeit als Chemieingenieur machte. Ziel seiner Dissertation war es, für Wasserfiltermembranen eine für Entwicklungsländer brauchbare Anwendung zu finden.

Sein Projekt mit dem Namen Openversum hat bereits grosse Aufmerksamkeit erregt und ist von Fachjurys ausgezeichnet worden. So war es unter den sechs Finalisten beim diesjährigen Hult Preis, einem angesehenen und hoch dotierten internationalen Preis, der unter anderem von der Clinton Global Initiative und der United Nations Foundation vergeben wird. Im Frühjahr wurde das Projekt ausserdem mit dem «Community Prize» im Rahmen des Schweizer Jugend- und Zukunftspreises ausgezeichnet. Dieser Preis wurde von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) ausgerichtet..

(Video: Openversum)

Gröninger bleibt aber bescheiden: «Die Konstruktion des Filters ist eigentlich gar keine Hexerei.» Die grossen Herausforderungen lägen woanders: eine nachhaltige Lösung zu finden, welche die Trinkwasserversorgung in diesen Familien über viele Jahre aufrechterhält.

Der ETH-Forscher erzählt von schlechten Beispielen aus der Vergangenheit, in denen Hilfsorganisationen kostenlose Wasserfilter an Haushalte verteilten und sich anschliessend wieder zurückzogen. Als es nach einem Jahr darum ging, den Filter wechseln oder zu reparieren, waren die Fachleute der Hilfsorganisation nicht mehr da.

«Uns war von Anfang an klar, dass wir nicht ein Produkt, sondern das Wissen exportieren möchten.»
Olivier Gröninger

Gröninger und sein Team von Openversum verfolgen daher einen anderen Ansatz: Sie arbeiten mit lokalen Kleinunternnehmern zusammen und schulen diese darin, die Filter von Grund auf zu bauen. Auch der Aufbau einer funktionierenden Lieferkette zum Bezug der einzelnen Bestandteile gehört dazu. Diese lokalen Kleinunternehmen verkaufen die Filter anschliessend an die Familien und kümmern sich auch langfristig um den Unterhalt der Filter. «Uns war von Anfang an klar, dass wir nicht einfach ein Produkt entwickeln wollen um es anschliessend zu exportieren, sondern dass wir das Wissen exportieren möchten», erklärt Gröninger.

Eine weitere Herausforderung sei es gewesen, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen, erzählt er. Dabei war es hilfreich, in Ecuador mit einer lokal verankerten und den dortigen Menschen vertrauten Nichtregierungsorganisation zusammenzuarbeiten. Diese Organisation stellte Gutscheine aus, dank derer die Familien die Wasserfilter günstiger beziehen konnten.

Feldstudie in Kolumbien

(Bild: ETH Zürich / Olivier Gröninger)

Obschon Gröninger die ingenieurtechnischen Herausforderungen herunterspielt, haben die ETH-Wasserfilter einige Vorzüge. «Das besondere an unserem System ist, dass es sehr viele unterschiedliche Stoffe aus dem Wasser filtert und gleichzeitig sehr günstig ist», sagt er.

Das Filtersystem besteht aus drei Schichten: Eine Schicht Aktivkohle bindet ungewünschte Verbindungen wie allenfalls im Wasser vorhandene Pestizide. Anschliessend durchdringt das Wasser eine Membran mit Mikroporen, die Bakterien und andere mikrobiologische Verunreinigungen herausfiltert. Eine Schicht Eisenhydroxid-Pulver schliesslich bindet Schwermetalle und Phosphat.

Grafik des Filters
(Grafik: ETH Zürich)

Für die Feldversuche in Kolumbien und Ecuador nutzten Gröninger und sein Team eine kommerziell erhältliche Membran. In Zukunft möchte er aber eine an der ETH entwickelte Membran verwenden. Diese wird im Gegensatz zu herkömmlichen Produkten ohne organische Lösungsmittel hergestellt, ist extrem günstig, robust und kann nach dem Gebrauch einfach entsorgt werden, weil sie biologisch abbaubar ist.

Die ETH hat eine solche Membran bereits patentieren lassen, und Gröninger möchte sie auch für den Einsatz zur Trinkwasseraufbereitung zertifizieren lassen. Dazu plant er, mit Openversum ein offizielles ETH-Spin-off zu gründen.

Klimafreundliche Technologie

Gröninger will weiterhin in Kolumbien und Ecuador tätig sein. Darüber hinaus plant er, das Projekt baldmöglichst auf den afrikanischen Kontinent auszuweiten, weil dort der Bedarf am grössten ist. Als erste Länder in Afrika sind Uganda und Somalia geplant, wo Gröninger bereits Partner gefunden hat.

Mit dem von Openversum verfolgten Ansatz trägt das Projekt dazu bei, vor Ort Arbeitsplätze zu schaffen, indem es den ausgebildeten lokalen Handwerkern, welche den Unterhalt der Filter übernehmen, ein Einkommen ermöglicht. Und schliesslich freut sich auch das Klima: Solche Wasserfilter helfen, den CO2-Ausstoss zu verringern. Denn ohne die Filter müsste das Wasser vor der Verwendung abgekocht werden. Die Filter helfen, fossile Brennstoffe einzusparen.

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1 Kommentar

  • Michael Braun 12.12.2024 16:39

    Liebe engagierte Forscher, ich bin begeistert von dem Euch entwickelten Filter zur Reinigung von Wasser!!! Vor 7 Jahren war ich im südlichen Madagaskar und erlebte wie Kinder mit großen Kanistern weite Strecken zurücklegten und dann nur ein sehr verschmutztes Wasserloch vorfanden. Mit kleinen Blechdosen befühlten sie ihre Gefäße und machten sich auf den Rückweg. Besonders der Südosten Madagaskars ist von großer Dürre betroffen. Ich werde Ihre Webseite dorthin an Mulitplikatoren weiterleiten. Das Thema Wasser bewegt mich seit ca. 60 Jahren und ist in Deutschland ein immer noch unterschätztes Thema.1989 bauten wir auf meine Inititiative hin ein ÖKOSIEDLUNG in D- Unterbach, bewußt mit Grasdächern. Unser Haus hat zusätzlich zwei Zisternen. Leider ist das Wasser getrübt und nur für WC Spülung und Gartenbewässerung nutzbar. Hierfür suche ich ein geeignetes Filtersystem , um es evtl. zu Wasch-, Dusch- oder sogar Trinkwasser aufbereiten zu können! Würde diesbezüglich gerne eine ForschungsAußenstelle Düsseldorf werden? Ist das ein Angebot? Freue mich über Ihre Nachricht und über einen verbindliche(n) AnsprechpartnerIn für Madagaskar mit Franz. Sprachkenntnissen. Mit freundlichen Grüßen Michael Braun Telefon: 0049 157 383 17 958