Auch aufgrund einiger anderer vielzitierter Studien aus Nordeuropa gingen bisher die meisten Forschenden (einschliesslich uns) implizit von einer generellen Zunahme der Nutzung von Grünflächen aus. Dies auch deshalb, weil das Bedürfnis nach Bewegung im Freien angesichts von Homeoffice, geschlossenen Schulen und Reiseverboten deutlich grösser war als vor der Pandemie.
Doch weltweit gab es noch hunderte andere Publikationen zu dem Thema – und die zeichnen ein widersprüchliches Bild: Da und dort nimmt die Nutzung zu, während sie anderswo abnimmt. Rasch war klar, dass es keinen klaren Konsens gibt.
Eine Frage des Wohlstands
Mit einem mehrsprachigen Team haben wir nun systematisch die Literatur zur veränderten Nutzung urbaner Grünflächen während und nach den Corona-Lockdowns von 2020 bis 2022 ausgewertet. Dabei haben wir aus über 3000 Beiträgen 178 relevante Studien in 5 Sprachen und aus 60 Ländern identifiziert und vergleichend analysiert. Unser Review ist im Magazin externe Seite Nature Cities erschienen und hat es auf die Titelseite geschafft.3
Unsere Analyse offenbart tatsächlich eine überraschend grosse Diskrepanz in der Nutzung von Grünflächen an verschiedenen Orten auf der Welt. Wir können diese Unterschiede im Wesentlichen durch finanziellen Wohlstand erklären. Konkret zeigen wir, dass die Nutzung von Grünflächen in wohlhabenderen Regionen zunahm, während sie in ärmeren Regionen deutlich abnahm.
Stadtgrün ist ungleich verteilt
Das heisst: In Städten und Regionen haben nicht alle Menschen die gleichen Möglichkeiten, Grünflächen zu nutzen. Soziale Ungleichheit manifestierte sich also in zweierlei Hinsicht: Menschen, die entweder in wohlhabenden Gegenden leben oder im Besitz von privaten Gärten waren (oder beides), konnten die Einschränkungen durch vermehrte Aktivitäten an der frischen Luft ausgleichen. Menschen ohne solche Möglichkeiten mussten jedoch auf Vorteile für Gesundheit und Wohlbefinden verzichten.
Das wirft die wichtig Frage auf, wie wir in der Stadtentwicklung eine gerechte Verteilung von Grünräumen erreichen. Wollen wir vermeiden, dass sich immer mehr Menschen für das sichere Haus mit Garten in der Aglomeration entscheiden, dann müssen wir unsere Städte grundlegend anders gestalten.
Kommentare
Noch keine Kommentare