Programmieren mit Buntstift
Elektronische Geräte können die Kreativität unserer Kinder fördern, ist Stéphane Magnenat vom Game Technology Center überzeugt. Doch dazu braucht es Apps, die eine Brücke zur realen Welt schlagen.
Smartphones, Tablets, Laptops, all diese Geräte sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch die digitalen Helfer haben auch ihre Kehrseite: Sie nehmen unsere Aufmerksamkeit gefangen, lenken uns ab von der realen Welt und schränken unsere Kreativität ein. Doch was wäre, wenn diese Geräte unseren Horizont nicht einengen, sondern erweitern und unsere Kreativität fördern würden? Diese Frage beschäftigt Stéphane Magnenat, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Game Technologie Center der ETH Zürich und Mitgründer des ETH Spin-offs Enlightware, bereits seit längerem. Zusammen mit anderen Forschern an der ETH sucht er nach Wegen, wie wir unsere Kreativität mit Hilfe von Artificial Intelligence sozusagen auf ein neues Level bringen können.
Von Grund auf neu gestalten
Magnenat war nicht nur an der Entwicklung des Lernroboters «Thymio» beteiligt, der Kindern auf spielerische Weise das Programmieren näher bringen soll, sondern auch an der Gestaltung der interaktiven «Augmented Creativity»-App, mit der das Game Technology Center die Kreativität von Kindern fördern will. In einem weiteren Projekt entwickelt der Informatiker nun zusammen mit anderen Forschern eine App, mit der Kinder sogar ihre eigenen Computerspiele von Grund auf gestalten können.
Mit der App kann ein Kind verschiedene selber definierte Elemente zu einer beliebigen Spielabfolge anordnen und damit einen mehr oder weniger anspruchsvollen Parcours bauen. Darüber hinaus kann es Figuren definieren, die auf diesem Parcours Aufgaben lösen müssen – einen Hasen zum Beispiel, der Hürden überspringen muss. Auf seinem Weg begegnet der Hase dann anderen Tieren, mit denen er nicht zusammenstossen darf. Mit wenigen Handgriffen kann das Kind festlegen, wie man den Hasen zum Hüpfen bringt, wie man seine Laufrichtung ändert und was mit dem Hasen geschieht, wenn er einem Fuchs oder einem Igel begegnet.
Der Clou dabei: Der Hase und die anderen Tiere sind nicht einfach Figuren, die aus einem vorgegeben Set ausgewählt werden, sondern selber kreierte Gestalten. Bevor es mit dem Programmieren losgeht, zeichnet das Kind also alle Tiere und die verschiedenen Elemente des Parcours auf ein Blatt Papier. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Anschliessend fotografiert es diese Elemente mit der Kamera des Tablets und integriert sie als Objekte in das Spiel.
Das Zeichnen regt an
«Wir haben die App in einer Testversion bereits an verschiedenen Orten ausprobiert, diesen Januar zum Beispiel im Besucherpavillon am WEF in Davos», erzählt Magnenat. «Dabei bestätigte sich, dass gerade das Zeichnen der Figuren die Kinder sehr animiert. Sie mögen es, wenn sie eigene Figuren in ihr Spiel einbauen können.»
Aus technischer Sicht handelt es sich nicht um eine sehr komplexe App, hält Magnenat fest. «Die Informatik dahinter ist relativ simpel. Uns interessiert in diesem Projekt primär, wie Kinder mit elektronischen Geräten interagieren und wie wir sie dazu bringen können, die reale Welt in die digitale Umgebung einzubeziehen. Wenn wir diese Interaktion besser verstehen, hilft uns das hoffentlich, bessere Applikationen zu entwickeln. Solche, die uns nicht einfach vor dem Bildschirm gefangen halten, sondern die unseren Horizont wirklich öffnen.»