«Unser Engagement für Chancengleichheit trägt Früchte»

Seit 1991 steht der 14. Juni in der Schweiz traditionell im Zeichen feministischer Aktionen und Anliegen. Julia Dannath, Vizepräsidentin für Personalentwicklung und Leadership, erklärt im Interview, warum es noch drei Jahrzehnte später das Engagement für Chancengleichheit und Gleichstellung braucht – auch an der ETH.

Julia Dannath im Gespräch
Julia Dannath: «Ich bin positiv, dass es uns gelingt, dass alle – unabhängig von ihrem Geschlecht – ihr Potenzial optimal entfalten und selbstbestimmt ihren Ausbildungs- und Karriereweg gehen können.» (Bild: ETH Zürich / Daniel Winkler)

Frau Dannath, 1991 gab es an der ETH nur insgesamt fünf Professorinnen. Wie sehen die Geschlechterverhältnisse heute an der ETH aus?
Vor Kurzem ist das Equality Monitoring der ETH erschienen. Der Bericht zeigt, dass es Bereiche gibt, die sich in eine gute Richtung entwickeln, und das freut mich. Gerade bei den Professuren: 2023 waren zwei Drittel der Neuberufungen Frauen. Das ist sehr positiv. Aber die Zahl darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir insgesamt immer noch einen tiefen Anteil an ETH-Professorinnen haben. Zurzeit ist an der ETH gerade mal jede fünfte Professor:innenstelle von einer Frau besetzt. Es liegt also noch ein langer Weg vor uns…

Dennoch ist das Wachstum des Frauenanteils beachtlich. Wie erklären Sie sich das?
Neben einem generellen Commitment der Schulleitung ist diese Entwicklung sicher auch auf konkrete Massnahmen zurückzuführen: So sollen seit 2021 den Berufungskommissionen mindestens drei Professorinnen angehören, und ein Kommissionsmitglied übernimmt die Rolle eines «Gender and Diversity Advocates». Zudem hat der Präsident die Möglichkeit herausragende Forscherinnen direkt zu berufen. Unser Engagement trägt ganz offensichtlich langsam Früchte.

Welche Bereiche entwickeln sich denn nicht so, wie Sie sich das wünschen?
Bei den Studierenden zum Beispiel hat sich in den letzten Jahren sehr wenig verändert. Sowohl auf Bachelor- wie auch auf Master-Stufe liegt der Frauenanteil seit Jahren konstant bei circa 30 Prozent. Das ist umso bedauerlicher, als dass aus den heutigen Studentinnen die künftigen Professorinnen hervorgehen werden…

Wo setzen Sie hier an?
Einen One-fits-it-all-Ansatz zu entwickeln, macht hier leider wenig Sinn. Wenn man sich die Zahlen genauer anschaut, stellt man nämlich schnell fest, dass es grosse Unterschiede zwischen den Departementen gibt. Es gibt Studiengänge mit einem Frauenanteil von 50 bis 60 Prozent bis zur Stufe der Postdoktorierenden, und danach brechen die Zahlen ein – die klassische Leaky Pipeline also. Auf der anderen Seite sehen wir bei Fächern wie beispielsweise der Informatik, dass Frauen auf Bachelor- und Masterstufe immer noch deutlich in der Minderheit sind. Allerdings beobachten wir hier praktisch keine Leaky Pipeline, das heisst: der Frauenanteil in diesen Fächern bleibt über die Stufen mehr oder weniger konstant. Je nach Ausgangslage müssen daher in einzelnen Departementen unterschiedliche Fördermassnahmen entwickelt und eingesetzt werden.

Wie denken Sie wird sich der Bereich Gleichstellung und Chancengleichheit in den nächsten Jahren an der ETH weiterentwickeln?
Ich bin positiv, dass wir den Schwung der letzten Jahre mitnehmen können und es uns gelingt, dass alle – unabhängig von ihrem Geschlecht – ihr Potenzial optimal entfalten und selbstbestimmt ihren Ausbildungs- und Karriereweg gehen können. Das können wir als ETH aber nicht allein beeinflussen, dazu braucht es das Engagement der gesamten Gesellschaft. Und um das in Erinnerung zu rufen, ist der 14. Juni ein so wichtiger Tag.

Das aktuelle Equality Monitoring

Einmal im Jahr informiert die ETH Zürich im Rahmen des Equality Monitoring über die Situation von Gleichstellung und Diversität an der Hochschule. Zum ersten Mal sind diese Daten über eine interaktive Grafik zugänglich. In den interaktiven Grafiken des Equality Monitorings erfahren Sie mehr über die Leaky Pipeline, Frauenanteile, Amtsantritte und Berufungsverfahren, Sprachen und Internationalität an der ETH Zürich.

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