Von Schneiderobotern und Löcher stanzenden Hummeln

Ein aussergewöhnliches Jahr geht zu Ende. ETH-News blickt zurück auf Lichtblicke in schwierigen und unruhigen Zeiten, auf geniale Einfälle, spannende Wissenschaft und gelebte Solidarität während und abseits der Corona-Pandemie.

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(Video: Omar Zeroual / ETH Zürich)

Januar

Mit dem neuen Jahr kommen neue Erfindungen: ETH-Forschende stellen 18-karätiges Gold her, das zehnmal leichter ist als normales 18-Karat-Gold. Grundlage ist eine Matrix aus Plastik und Proteinfasern, welche metallische Legierungselemente ersetzt.

Eine weitere Erfindung feiert ihre Weltpremiere: Ein Forschungsteam entwickelt eine Maschine, die eine Leber ausserhalb des Körpers während einer Woche am Leben erhalten kann. Dies ermöglicht es, eine Leber vor der Transplantation zu behandeln.

Nicht einzig um Wissenschaft geht es der ETH am WEF in Davos. Unter dem Slogan «Rethinking Creativity» widmet sich die öffentliche Ausstellung der Hochschule den Schnittstellen zwischen Kunst und Wissenschaft.  

Joel Mesot am WEF
ETH-Präsident Joël Mesot am WEF. (Bild: ETH Zürich)

Februar

Auf dem Mars bebt es tatsächlich, und zwar im Durchschnitt einmal pro Tag: Das zeigen Forschende der ETH Zürich und ihre Partner fünfzehn Monate nach der erfolgreichen Landung des Nasa-Insight-Landers auf dem Roten Planeten.

Dass sich eine höhere Biodiversität auch im Portemonnaie bemerkbar macht, weisen Agrarwissenschaftler nach. Wenn Landwirte die Artenvielfalt auf ihren Wiesen und Weiden fördern, erzielen sie höhere Umsätze.

Beben auf dem Mars, Visualisierung
ETH-Forschende messen Beben auf dem Mars. (Bild: Nasa / JPL)

März

Forschende der ETH Zürich und der Empa drucken mit einem Zellulose-Verbundmaterial komplexe Objekte. Das Besondere: Deren Zellulosegehalt liegt höher als derjenige von anderen 3D-gedruckten zellulosebasierten Gegenständen. Ein Trick hilft dabei.

Mitte März hilft hingegen kein Trick mehr: Der Bundesrat beschliesst aufgrund der Corona-Pandemie den Lockdown für die Schweiz. Die ETH-Schulleitung entscheidet sich in der Folge, den Präsenzunterricht ab 16. März bis Ende Semester einzustellen und auf Fernunterricht umzustellen.

Not macht dann aber erfinderisch: Um bei der Bewältigung der Pandemie zu helfen, lancieren Studierende und Forschende zahlreiche Projekte und Initiativen. Mit «helpfulETH» entwickeln Ingenieure technische Lösungen für Spitäler und andere Gesundheitseinrichtungen. Eine weitere Gruppe arbeitet an einem preiswerten, einfach zu bedienenden Beatmungsgerät namens «breathe». Dieses soll den Engpass bei solchen Geräten in Schwellen- und Entwicklungsländern mildern. Forschende der ETH und der EPFL entwickeln die SwissCovid App, die im Laufe der Pandemie in der Schweiz auf 1,8 Millionen Smartphones und iPhones installiert wird. Gutes tun wollen auch die Initiantinnen von «Students4Hospitals»: Studierende aller Fachrichtungen können sich für einen Freiwilligeneinsatz in einer Gesundheitseinrichtung eintragen. Auch Pharmaziestudierende engagieren sich im Gesundheitswesen: Sie gründen «pharmadelivery», um Studierende rasch an Apotheken zu vermitteln.

Leerer Hörsaal an der ETH Zürich
Plötzlich leere Hörsäle – die Corona-Pandemie zwang die Schulleitung dazu, den Präsenzunterricht auszusetzen. (Bild: ETH Zürich / Nicola Pitaro)

April

Dicker Rauch aus dreckigen Kohleheizungen macht Menschen im mongolischen Winter das Leben schwer. Nun helfen ETH-Geophysiker, saubere Erdwärme als alternative Energiequelle zu erschliessen.

Derweil analysieren Verfahrenstechniker das Potenzial verschiedener Ansätze, um CO2-Emissionen in der chemisch-industriellen Produktion auf netto null zu senken – und kommen zum Schluss: Eine CO2-neutrale chemische Industrie ist im Prinzip möglich.

Digitale Währungen wie Bitcoin oder Ether sind zwar als Anlagen etabliert, aber zeitraubend, wenn es ums Bezahlen geht. Nicht so Snappy: Schnell wie ein Fingerschnippen und sicher obendrein soll das Krypto-Bezahlsystem von ETH-Experten für Informationssicherheit sein.

Tsetserleg, Mongolei
Bereits am zweiten Tag der Heizperiode im Oktober breitet sich über der Stadt Tsetserleg, Mongolei, dichter Rauch aus. (Bild: F. Samrock / ETH Zürich)

Mai

Die Realität mit virtuellen Inhalten anreichern: Das Media Technology Center der ETH Zürich entwickelt verblüffende Formate und Vertriebsmethoden für den digitalen Medienkonsum von morgen. 

Nicht schlecht staunen Biologinnen und Ökologen, als sie bei Hummeln ein sonderbares Verhalten beobachten. Arbeiterinnen beissen in die Blätter von Pflanzen, die gerade nicht blühen. Die Insekten tun dies, wenn Pollen Mangelware sind und bringen so die Pflanzen rascher zur Blüte.

Dass Mathematik Menschen in Seenot retten kann, zeigen Spezialisten für dynamische Systeme der ETH und des MIT: Ihr Algorithmus berechnet anhand von Strömungsdaten, wohin Objekte oder Menschen an der Meeresoberfläche treiben. Das beschleunigt die Suche bei der Seenotrettung.

Hummel beisst in ein Blatt
Von wegen gemütlicher Brummer: Finden Erdhummeln zu wenig Pollen, stechen sie Blätter von nicht-​blühenden Pflanzen an, um sie rascher zur Blütenproduktion zu treiben. (Bild: Hannier Pulido / ETH Zürich)

Juni

Er ist unscheinbar, platt und borstig. Doch setzt er erstmal seine Beinchen in Gang, bewegt er sich so geschmeidig und elegant wie ein Tausendfüssler fort: der magnetisch steuerbare Härchenteppich.

Elegant sollten auch Sprachen sein, mit denen Menschen Maschinen zum Rechnen anleiten. Mit Silq entwerfen ETH-Informatiker die erste höhere Programmiersprache für Quantencomputer, die diesem Anspruch genügt: Silq erlaubt es, Quantenalgorithmen ähnlich intuitiv, sicher und zuverlässig zu programmieren wie bei klassischen Computersprachen.

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Magnetisch steuerbarer Härchenteppich. (Video: ETH Zürich)

Juli

ETH-Elektroingenieure und -Physiker entwickeln einen völlig neuen Chip, der Daten mit Licht superschnell übertragen kann. 

Geowissenschaftler kartieren derweil Coronae-Strukturen auf der Oberfläche der Venus. Sie realisieren erstmals, dass diese einen planetenumspannenden Feuerring bilden. Coronae entstehen dort, wo Magmasäulen aus dem Inneren der Venus an die Oberfläche gelangen.

Corona auf Erden beschäftigt ETH-Professor Martin Ackermann: Er wird neuer Leiter der Swiss National Covid-19 Science Task Force. Dieses Gremium berät Bundesrat und Behörden in der Corona-Pandemie.

Tafelberge auf der Venus
Ringförmige Tafelberge auf der Venus bilden einen Gürtel. (Bild: ESA)  

August

Schwergewichtig: Auf dem Standort Hönggerberg wird in einer spektakulären Aktion ein 245 Tonnen schwerer Betonzylinder verbaut. Dieser Zylinder ist das Gehäuse einer geotechnischen Zentrifuge, die Erdbeben und deren Auswirkungen auf Baugrund und Bauwerke simulieren kann.

Wie man Beton aufwerten und dabei das Klima schonen kann, demonstrieren Forschende des ETH-Spin-offs Neustark: Dank dessen Technologie können Beton-Recyclingwerke Kohlendioxid dauerhaft einlagern.

Betonzylinder auf dem ETH Hönggerberg Gelände
Knapp eine Stunde dauert es, um den 245-Tonnen-Betonzylinder aufzuheben und einzusetzen. (Bild: Nicola Pitaro / ETH Zürich)

September

Die ETH Zürich erweitert ihre Schulleitung um zwei Bereiche. Julia Dannath-Schuh wird Vizepräsidentin für Personalentwicklung und Leadership und Vanessa Wood wird Vizepräsidentin für Wissenstransfer und Wirtschaftsbeziehungen.

Eine weitere hohe Ehrung wird dem Systembiologen Ruedi Aebersold zuteil: Er wird für seine Verdienste in der Proteinforschung mit einem der wichtigsten Schweizer Wissenschaftspreise, dem Marcel-Benoist-Preis, ausgezeichnet.

Eine Überraschung erleben die Mars-Forscher der ETH Zürich. Ihr hochsensibles Messinstrument auf der Marsoberfläche registriert nicht nur Beben, sondern auch Transite der Marsmonde vor der Sonne.

Robotiker entwickeln den Heissdraht-Schneideroboter RoboCut, dessen Draht sich während der Schneidarbeit flexibel biegen lässt. Er kann dadurch in wenigen Schritten sehr komplexe Objekte erschaffen.

Schneideroboter mit Figur
Der Schneideroboter kann anspruchsvolle Figuren aus einem Block herausschneiden. (Bild: ETH Zürich / The Computational Robotics Lab)

Oktober

Neuroforschende erarbeiten eine Methode, mit der sie Medikamente im Hirn punktgenau freisetzen können. Damit könnte es künftig möglich werden, Psychopharmaka, Chemotherapeutika und andere Medikamente nur in jene Hirnregionen zu bringen, wo das gewünscht ist.

Die ETH Zürich eröffnet ein neues Forschungszentrum für künstliche Intelligenz. Ein Kernteam von 29 Professuren, ein neuer Geschäftsführer und ein Fellowship-Programm sollen die interdisziplinäre Erforschung dieser Schlüsseltechnologie weiter voranbringen.

Auch Afrika soll vom ETH-Knowhow profitieren: Zusammen mit der Ashesi-Universität in Ghana und grossen Schweizer Unternehmen schafft die ETH einen neuen Master-Studiengang, um Ingenieure aus Afrika für Afrika auszubilden.

Was Ingenieurskunst mitunter leisten kann, zeigen ETH-Bauingenieure und -Architekten: Sie bauen ein doppelt gekrümmtes Betondach. Um dieses zu erstellen, mussten sie komplett neue Bauverfahren entwickeln.

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So entstand das Dach. (Video: Block Research Group, ETH Zürich)

November

Und er findet doch statt: der Cybathlon. 51 Teams aus 20 Ländern kämpfen wegen der Covid-19-Pandemie in ihrem jeweiligen Heimatland und zeitlich versetzt zu anderen Teams um den Sieg. Wie beim ersten Mal vor vier Jahren lösen Pilotinnen und Piloten mithilfe von modernen Assistenzsystemen Alltagsaufgaben in sechs Disziplinen.

Dass sich die DNA-Synthese nutzen lässt, um riesengrosse echte Zufallszahlen zu generieren, zeigen ETH-Chemieingenieure auf. Es ist das erste Mal, dass eine Zahl in dieser Grössenordnung mit chemisch-biologischen Mitteln erstellt wurde.

Ein Team von Ökologen weist bei europäischen Laubbäumen nach, dass diese ihre Blätter im Herbst früher abwerfen, wenn sie im Frühling und Sommer dank wärmeren Temperaturen mehr Photosynthese betreiben. Erwartet hat man das Gegenteil – dass sich der Laubfall weiter verspätet.

Der Cybathlon auf dem Campus Hönggerberg
Der Cybathlon wurde dezentral ausgetragen – hier das Team Scewo auf dem Campus Hönggerberg. (Bild: A. Della Bella / ETH Zürich)

Dezember

ETH-Forschende nutzen magnetische Bakterien, um auf der Mikroebene Flüssigkeiten zu beeinflussen. So könnten sie in Zukunft Krebsmedikamente in der Blutbahn präzise zu einem Tumor bringen.

In der Orthopädie aktiv wurden Ingenieure des ETH Feasibility Lab. Sie entwickeln gemeinsam mit dem Internationalen Roten Kreuz (IKRK) eine Beinprothese, deren Verschleissteil man einfach auswechseln kann. Künftig könnten mehr Minenopfer mit einer solchen Prothese versorgt werden.

Darüber hinaus wollen die beiden ETH in Zürich und Lausanne mit dem IKRK die Initiative «Engineering Humanitarian Aid» durchführen. Dabei wollen die Hochschulen Wissen und Technologien aus den Bereichen Energie und Umwelt, Datenwissenschaft und Digitaltechnologie sowie personalisierte Medizin zur Bewältigung humanitärer Krisen nutzbar machen.

Bakterium der Gattung Magnetospirillum
Bakterium der Gattung Magnetospirillum orientiert sich dank in einer Reihe angeordneter Eisenoxid-Kristalle (gelbgrün) wie eine Kompassnadel. (Bild: Science Photo Library)

Die ETH-​News-Redaktion wünscht Ihnen, liebe ETH-​News-Leserinnen und -​Leser, schöne, friedliche Festtage und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

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