Die Wissenschaft muss weiblicher werden
Anlässlich des Internationalen Tages der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft blicken wir zurück auf ein Jahr, das von starken Frauen geprägt wurde. Obwohl es bis zu einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis in der Forschung und Lehre noch ein weiter Weg ist, herrscht an der ETH Zürich kein Mangel an weiblichen Vorbildern.
Die Wissenschaft ist weiterhin zu männlich. Darauf macht der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen ins Leben gerufene externe Seite International Day of Women and Girls in Science jedes Jahr am 11. Februar aufmerksam. Bis zu einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis auf allen Stufen ist es auch an der ETH Zürich noch ein weiter Weg. Nur 18 Prozent der Professorenschaft ist weiblich, bei den Studierenden sind es 32 Prozent.
Doch erste Anzeichen einer Trendwende sind bereits zu erkennen: In den vergangenen zwei Jahren wurden über 40 Prozent der neuen Professuren an der ETH mit Frauen besetzt. Und der Frauenanteil wird weiter steigen, zumal rund 90 Prozent der scheidenden Professoren männlich sind. Dies zeigt, dass die ETH Zürich nicht nur über Frauenförderung redet, sondern sie auch lebt und umsetzt.
Der heutige Tag steht ganz im Zeichen der über 8500 aussergewöhnlichen Frauen, die an der ETH Zürich studieren, forschen und Unternehmen gründen. Mit ihrer Arbeit und ihrem Engagement tragen sie jeden Tag dazu bei, dass die ETH eine der besten Hochschulen weltweit ist. Wir stellen ihnen eine Reihe von Wissenschaftlerinnen und Gründerinnen vor, die 2021 besonders erfolgreich waren.
Ozeane, Mikroorganismen und Polymere
Ob zum Klimawandel, oder zu neuen Materialien, zu Mikroorganismen, oder neuen Lerntechnologien: Forscherinnen der ETH Zürich machten auch im vergangenen Jahr wieder durch zahlreiche spannende Erkenntnisse auf sich aufmerksam.
Die Ozeane gehören zu den bedeutendsten Klimamotoren der Erde, weil sie Wärme und Kohlenstoff transportieren und speichern. Um ihre Rolle bei der Eindämmung des Klimawandels besser zu verstehen, untersucht ETH-Professorin Núria Casacuberta Arola die Wasserzirkulation mit Hilfe von Radionukliden.
Mit Wasser, aber in einem anderen Aggregatszustand, beschäftigt sich auch ETH- Fellow Nadia Shardt. Sie erforscht, wie in Wolken Wassertröpfchen zu Eis gefrieren, und welchen Einfluss Stäube auf diesen Prozess haben. Mit ihren Resultaten möchte sie dazu beitragen, Voraussagen von Klimamodellen präziser zu machen.
Die Materialwissenschaftlerin Athina Anastasaki forscht an der nächsten Generation von Polymeren und deren Recycling. Sie möchte sämtliche Ausgangsstoffe zurückgewinnen und daraus neue Materialien für andere Anwendungsbereiche herstellen.
Serina Robinson, hingegen, hat eine Vorliebe für Mikroorganismen. Sie interessiert sich für deren Enzyme, mit denen chemische Substanzen hergestellt und abgebaut werden. Ganz besonders aber faszinieren die junge Forscherin jene Mikroben, die noch niemand kultiviert hat.
Mit Lerntechnologien in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) befasst sich Sarah Hofer. Die Wissenschaftlerin untersucht, wie Intelligenz, Vorwissen oder Geschlecht mit Lernerfolg und Lehrmethoden zusammenhängen.
ETH-Fellow Marianna Charitonidou analysiert, wie gesellschaftliche Entwicklungen die Architektur beeinflussen. Beispielhaft zeigt sie dies anhand der Erfahrung des Autofahrens. Der Blick aus dem fahrenden Auto inspirierte Architektinnen und Architekten wie Alison und Peter Smithsons oder Aldo Rossi neue Entwurfsperspektiven zu entwickeln.
Und ETH-Professorin externe Seite Tanja Stadler arbeitet als Präsidentin der Swiss National COVID-19 Science Task Force an vorderster Front bei der Bekämpfung des Coronavirus. Ihre Modellrechnungen liefern der Politik wichtige Entscheidungsgrundlagen und tragen dazu bei, den Verlauf der Pandemie besser zu verstehen.
Gesunder Boden, Blockchain und Korallenriffe
Immer mehr Frauen wagen an der ETH Zürich den Schritt ins Unternehmertum. 2021 wurde jedes vierte Spin-off von einer Frau gegründet.
Vielerorts leiden die Böden unter der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung. Die beiden Forscherinnen Sonia Meller und Hélène Iven haben einen Schnelltest für die Messung der Bodenqualität vor Ort entwickelt und das Spin-off externe Seite Digit Soil gegründet. Landwirte können in Zukunft die Gesundheit ihres Ackerlandes selbst überwachen.
Mit ihrer Firma externe Seite Adresta, die Luxusuhren mit Hilfe der Blockchain fälschungssicher macht, behauptet sich ETH- Alumna Leonie Flückiger in der männerdominierten Tech- Gründerszene. Sie will anderen Frauen Mut machen und ihnen zeigen, dass es cool ist an der ETH zu studieren.
Korallenriffe sind aufgrund des Klimawandels in akuter Gefahr. Ulrike Pfreundt, Marie Grismar und Hanna Kuhfuss haben den Verein Rreefs gegründet, um mit Hilfe von 3D- Druckern Korallenriffe wiederaufzubauen. Das erste künstliche Riff wurde 2021 vor der Insel San Andrés in Kolumbien eingeweiht.
Stahlbeton ist weltweit das meistverbreitete Baumaterial. ETH-Pioneer Fellow Yurena Seguí Femenias hat 2021 das Spin-off externe Seite DuraMon gegründet, um das Korrosionsrisiko von Stahlbeton besser zu erkennen und damit die die Lebensdauer von Betonbauten zu verlängern.
Die Biomechanikerin Bettina Müller hat ein Gerät entwickelt, mit dem die Heilung von Narben besser untersucht werden kann. Damit will sie Ärztinnen und Ärzte bei der Diagnose von Hautkrankheiten unterstützen. Innert zwei Jahren soll ihre Firma «Nimble» marktreif sein.
In welchem mentalen Zustand erreichen wir unsere beste Leistung? ETH Forscherin Sarah Meissner und Marc Bächinger haben das Spin-off externe Seite Mindmetrix gegründet, um dieser Frage auf den Grund zu gehen. Ihre Technologie MyFlow hilft, mental stärker zu werden.
Ausgezeichnete Forscherinnen
Auch 2021 wurden wieder zahlreiche ETH-Forscherinnen für ihre Leistungen ausgezeichnet.
Momoyo Kaijima, Professorin für Architektur an der ETH Zürich, und ihr Partner Yoshiharu Tsukamoto erhalten den diesjährigen Wolf-Preis für ihren ethnografisch inspirierten Zugang zur Architektur. Die von ihnen entwickelte Entwurfsmethode der Architectural Behaviorology hat das Ziel, die Beziehungen zwischen Architektur und der Gesellschaft besser zu verstehen.
Anne Lacaton, emeritierte Professorin für Architektur und Entwurf der ETH Zürich, und ihr Partner Jean- Philippe Vassal haben 2021 den Pritzker-Preis für ihren nachhaltigen und sozialen Zugang zum Bauen erhalten. Dieser gilt als Nobelpreis der Architektur.
Die ETH-Pharmazeutin Nicole Stoffel hat nachgewiesen, dass Eisenmangel die Wirkung von Impfungen schwächt. Mit ihrer Forschung hilft sie, die Gesundheit von Kindern in Entwicklungsländern zu verbessern. Dafür erhält Sie 2021 den Lopez-Loreta-Preis.
Die Geochemikerin Denise Mitrano hat einen Weg gefunden, zu verfolgen, wie sich Mikro- und Nanoplastikteilchen in der Umwelt verbreiten. Dafür erhält sie im vergangenen Jahr den Marie Heim- Vögtlin-Preis des Schweizerischen Nationalfonds (SNF).
Anfang letzten Jahres hat Forbes die ETH-Doktorandin Nicole Aegerter für ihre Forschung an nachhaltigen Faserverbund-werkstoffen auf die Liste «30 Under 30 Europe» in der Kategorie Produktion und Industrie gesetzt. Sie wünscht sich noch mehr Unterstützung für junge Frauen in MINT-Fächern.
Nako Nakatsuka hat sich 2021 einen Rang auf der Liste der «Innovators Under 35» der «MIT Technology Review» erworben. Grund dafür ist ihre Erfindung eines präzisen chemischen Biosensors, der es ermöglicht, molekulare Vorgänge im Gehirn und Erkrankungen wie Alzheimer, Depressionen und Parkinson besser zu verstehen.
Für ihre Forschung zur Entstehung von Planeten und Monden wird ETH-Professorin Judit Szulágyi mit dem MERAC-Preis der Europäischen Astronomischen Gesellschaft (EAS) für die beste Nachwuchsforscherin in der Theoretischen Astrophysik ausgezeichnet.
Yiwen Chu erhält 2021 den «Raymond and Beverly Sackler International Prize in Physics». Sie erforscht neue Möglichkeiten, um Quantentechnologien zu verbinden. Das Ziel der Forscherin ist ein Quantentelekommunikationsnetz für den Austausch und die Speicherung von Quanteninformationen.
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